Baranka Park Gedenkfeier/ 20. Mai 2022 / 17–22 Uhr

Baranka Park am Belgradplatz, 1100 Wien

Hier einige Eindrücke unserer diesjährigen Gedenkfeier:  https://www.youtube.com/watch?v=swXyULMy1Mo&t=2010s

Eintritt frei

Die Baranka Park Gedenkfeier wird seit 14 Jahren vom Verein Voice of Diversity veranstaltet um der Roma und Sinti zu gedenken, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Mit der Feier wird der Opfer gedacht und auch das Leben und die Kultur der Roma und Sinti sowie der jüdischen und Wiener Kultur gefeiert und vermittelt. Künstler/innen, Autor/innen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Akteur/innen der Zivilgesellschaft, Politiker/innen – sie alle setzen am 20. Mai 2022 mit ihrem (kulturellen) Wirken ein Zeichen gegen das Vergessen.

 

Die Roma, ihre Geschichte und ihr Schicksal im 2. Weltkrieg

Die Roma, ihre Geschichte und ihr Schicksal sind von den politischen Entwicklungen in ganz Europa stärker geprägt worden als die irgendeines anderen Volkes.

Der Völkermord an den Roma und Sinti wurde lange Zeit ignoriert und ist heute weitgehend unbekannt. Roma und Sinti wurden in Vernichtungslagern getötet und fielen in Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern Hunger und Krankheiten zum Opfer. Viele wurden deportiert und als Zwangsarbeiter ausgebeutet.

Die Überlebenden wurden jahrzehntelang nicht als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt. Von finanzieller Wiedergutmachung blieben sie ausgeschlossen. Die soziale Lage der Roma und Sinti in Europa blieb auch nach 1945 eine schwierige. Auch nach 1945 – also nach ihrer Befreiung wurden die Überlebenden erneut Opfer von Gesetzen, die die alte Diskriminierung fortschreiben. Auch nach 1945 werden die Überlebenden Sinti und Roma für die nunmehr demokratischen Behörden in folgenschwerer Kontinuität weiterhin als »soziale Randgruppe«, als »Asoziale« oder »Kriminelle« geführt und auch so behandelt. Die diskriminierende Bezeichnung »Zigeuner« wurde beibehalten und oft zusätzlich behördlich um »asozial« ergänzt.

Da Sinti und Roma die Anerkennung als Opfer versagt wurde und sie alleine die Ermordung ihrer Familien betrauern mussten, wurde die Baranka Park Gedenkfeier vor 14 Jahren ins Leben gerufen. Mit der Feier wird einerseits der Opfer gedacht und andererseits auch das Leben und die Kultur der Roma und Sinti sowie die jüdische und Wiener Kultur gefeiert.

Brankapark / Hellerwiese: Rastplatz der Roma & Sinti – ein historischer Ort

Seit dem 18. Jahrhundert war die Hellerwiese Lager- und Rastplatz der Roma (aus dem Stamm der Lovara) und Sinti, die ihre Teppiche, Stoffe und Pferde bis in den Grazer Raum handelten. Die fahrenden Händler lebten mit ihren Wohnwägen auf der Wiese in unmittelbarer Nähe zur Schokoladen-Fabrik Heller. Der Austausch mit den Nachbarn war freundschaftlich und von gegenseitigem Respekt geprägt, bis 1940 das NS-Regime auf die Roma und Sinti Familien aufmerksam wurde. Das Gelände wurde zunächst eingezäunt und stand unter Beobachtung. Im Jahr 1941 verschleppte die Gestapo schließlich blindwütig und gnadenlos alle auf der Wiese lebenden Menschen in Konzentrationslager.

Dieser historische Ort wurde nach Harri Stojkas Ur-Großmutter Baranka benannt.

Zeitzeuge Mongo Stojka

Johann „Mongo“ Stojka, der als Kind mit seiner Familie selbst auf der Wiese gelebt hatte, war einer der ganz wenigen, die das Konzentrationslager überlebten. Sein Vater erkannte die Gefahr durch die Nazis frühzeitig und übersiedelte die acht-köpfige Familie nach Ottakring nahe dem Kongressbad. Die Räder des Wohnwagens montierte der Vater kurzerhand ab und machte aus dem mobilen Heim ein kleines Holzhaus mit festem Standort. Doch 1943 wurde auch die Familie Stojka von der Gestapo ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und erlebte Schreckliches. Mit Hilfe seines Sohnes, dem international bekannten Gitarren-Virtuosen Harri Stojka, begann er schließlich, die Geschichte dieses historischen Ortes, die auch seine eigene war, aufzuarbeiten und öffentlich zu machen. Im Jahr 2003 wurde der Park schließlich nach der angesehenen Naturheilerin Helene „Baranka“ Huber – Großmutter von Mongo Stojka und Stammes-Oberste – in Baranka Park umbenannt. Seit 2008 organisiert der Verein Voice of Diversity die jährliche Baranka Park Gedenkfeier, um die unermüdliche Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung von Mongo Stojka, der im März 2014 verstorben ist, weiter zu führen.

 PROGRAMM, 20. Mai 2022

  • 17.00 Uhr  /  Eröffnung

Zahlreiche Persönlichkeiten kommen zu Wort und geben kurze Statements, um ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen und den Blick für die Gegenwart und Zukunft zu schärfen.

Moderation: Marion Dworzack

Der Autor Doron Rabinovici wird aus seinem Buch „I wie Rabinovici. Zu Sprachen finden“. Hier erzählt er von seinem und unser aller Dasein zwischen den verschiedenen Klangwelten und jenseits völkischer Begrenztheiten. Er schreibt: „Sollte nicht wieder ausgelöscht werden, was die Meinen und mich ausmachte, so musste ich zur Sprache bringen, was sie mir verschlug.“

Die Wiederbelebung des jiddischen Lieds ist das zentrale Anliegen des Wiener Jüdischen Chors. Mit Musik schlagen wir Brücken zwischen den unterschiedlichen Kulturen. Und auch innerhalb unserer, in jeder Hinsicht vielfältigen Gemeinschaft leben wir das Prinzip der interkulturellen Verständigung.

Der Wiener Jüdische Chor ist eigentlich ein Volksliedchor: sie erfüllen jene über Generationen weitergegebenen Lieder, die mit dem europäischen Judentum beinahe untergegangen wären, auf der Bühne und mit CDs mit neuem Leben und zeigen so, dass jüdische Musik in der reichen Wiener Kulturszene von heute wieder ihren festen Platz hat.

  • 18.30–18.45 Uhr  /  Lesung: Doris Stojka mit Musik von  Moša Šišic

Doris Stojka liest aus dem Buch „Papierene Kinder“ von ihrem Vater Mongo Stojka, der das Konzentrationslager als Kind überlebt hatte und später seine Erinnerungen in diesem Buch festhielt.

  • 18.50–19.30 Uhr  /  Konzert: Rudi Koschelu & Tommy Hojsa

Rudi Koschelu ist Spezialist des Wienerliedes und des wienerischen Jodeln (Dudeln), was ihn zur Zeit als einzigen männlichen Dudler Wiens auszeichnet. Der Kontragitarrist und Wienerliedsänger gründete 1978 mit seinem Musikerkollegen und Akkordeonisten Alfred Gradinger das Duo „D’Weana Spatz’n“, spielte bei den „Vindobona-Schrammeln“ dem „Vienna Trio“ und regelmäßig mit verschiedenen Musikern, wie mit Prof. Karl Hodina. Daneben war Koschelu auch der jahrzehntelange musikalische Begleiter des Wienerliedsängers Kurt Girk.

Tommy Hojsa ist ein Experte und Musiker des Wienerlieds, Komponist und auch Theatermusiker. Am liebsten bewegt er sich zwischen den musikalischen Welten, dem klassischen und experimentellen Wienerlied, der Theatermusik, dem Jazz und weit darüber hinaus. Er beschäftigt sich mit der Vertonung von Texten, ist Interpret am Klavier und Akkordeon als auch Begleiter zahlreicher Sänger/innen.

  • 19.35–19.55 Uhr  /  Lesung: Samuel Mago

Samuel Mago ist Schriftsteller, Künstler und Roma-aktivist und stammt aus einer Roma-familie mit jüdischen Wurzeln mütterlicherseits. 2015 erhielt er den Exil-jugend-Literaturpreis und 2016 den Roma-Literaturpreis des PEN-clubs. Zusammen mit seinem Bruder Károly Mágó publizierte er 2017 in der edition exil den erzählband „Glücksmacher – e baxt romani“ mit dreizehn Kurzgeschichten aus der Welt der Roma auf Deutsch und Romanes. 2020 folgte sein ebenfalls zweisprachiger erzählband „Bernsteyn und Rose“ in der edition exil.

  • 20.00–20.40 Uhr  /  Konzert: Moša Šišic & seine Schüler

Moša Šišic macht jedes Konzert zu einem Fest der Lebensfreude und guter Stimmung. Mit seinen Schülern gestaltet er ein eigenes Kinderkonzert. Wir freuen wir uns auf eine außergewöhnlich fröhliche und rhythmisches Stunde mit Mosa und seinen Schülerinnen und Schüler.

  • 20.50–21.50 Uhr  /  Konzert: Harri Stojka Hot Swing Trio mit Gastmusiker

Der international bekannte Roma Gitarrist Harri Stojka wendet sich seinen „Wurzeln“ zu. Wobei in diesem Fall “Wurzeln” eigentlich “Straßen” bedeutet – jene, denen seine nomadischen Vorfahren über Jahrhunderte zwischen Asien und Europa gefolgt sind. Ihre Musik wurde so zum Spiegel der Klangkünste ganzer Kontinente, die sie mit ihren eigenen Traditionen von Improvisation und Virtuosität verbanden. Harri Stojkas musikalische Laufbahn ist immer schon eine Fortsetzung dieser alten Reise gewesen und sie hat auch ihn zu immer neuen Formen von Musik geführt.

Harri Stojka – Gitarre / Peter Strutzenberger – Bass / Robert Grand: Rhythmus Gitarre

Bei Schlechtwetter und im Falle eines erneuten Lockdown nur online.

Gratis Videostream: http://www.voiceofdiversity.at

Eine kurze Erzählung über die Geschichte des Barankaparks und die Gedenkfeier können sie in unserer Reportage nachschauen:

Baranka Park Gedenkfeier

20. Mai 2022

Baranka Park am Belgradplatz, 1100 Wien

Anfahrt: Bus 7A und 65A (Haltestelle Belgradplatz), Straßenbahn 6, Haltestelle Bernhardtstalgasse, Fußweg ca. 3 Minuten über Bernhardtstalgasse)

**** Das Kulturprogramm der Gedenkfeier im Barankapark findet beim freien Eintritt statt. Im Falle eines erneuten Lockdowns aufgrund der Covid-19 Pandemie und im Falle von schlechtem Wetter wird die Veranstaltung NUR online stattfinden. Kostenloser VIDEO-Livestream auf der Vereinshomepage (www.voiceofdiversity.at) übertragen.***

 

Mit Unterstützung von:

Großer Dank für die großartige Unterstützung gilt unserem Kooperationspartner dem Wiener Jazz Club Porgy & Bess und Christoph Huber.